
Seit Jahren dominieren drei grosse Open-Source-CMS die weltweite Weblandschaft: WordPress, Joomla und Typo3. Während Typo3 sich vor allem als Agentur-CMS durchgesetzt hat und WordPress mit grossem Abstand Marktführer ist, hat sich Joomla als vielseitige und leistungsstarke Alternative etabliert – gerade für Websites, bei denen Struktur, Benutzerverwaltung und inhaltliche Tiefe eine zentrale Rolle spielen.
Dennoch: Immer wieder stehe ich vor der Frage: Wäre Wordpress nicht trotzdem spannender?
Aus diesem Grund habe ich mich mal wieder etwas eingehender mit Wordpress auseinandergesetzt, eine Installation hochgezogen und ausgiebig getestet.
Die Kurzversion lautet: Auch wenn WordPress ein grossartiges CMS ist: Ich arbeite als Webredaktor lieber mit Joomla.
Warum? Hier eine differenzierte Betrachtung aus meiner praktischen Erfahrung.
Und Achtung: Das ist kein Rant gegen Wordpress.
In diesem Beitrag findest du Antworten auf folgende Fragen:
Struktur statt Shortcuts
WordPress ist berühmt für seinen schnellen Einstieg. Inhalte lassen sich im Handumdrehen publizieren, Themes sind rasch installiert, Plugins oft mit einem Klick integriert. Doch dieser Komfort hat seinen Preis: Je komplexer eine Website wird und je mehr sie wächst, steigt auch die Gefahr, dass Struktur und Wartbarkeit leiden. Joomla hingegen zwingt von Beginn weg zu einem klareren Aufbau: Mit Kategorien, Beitragstypen, Modulpositionen, Menus und Menüeinträgen schafft Joomla von Beginn weg eine klare Struktur – das System erfordert von Anfang an eine gewisse inhaltliche Disziplin. Was anfangs mehr Denkarbeit bedeutet, zahlt sich im Alltag aus. Und obwohl Joomla strukturierter daher kommt, sind auch nachträgliche, grosse Änderungen problemlos möglich. Ich schätze diese Logik, weil sie mir hilft, Inhalte nachhaltig und skalierbar zu organisieren.
Mehr Kontrolle, weniger Plugins
In Joomla sind viele Funktionen bereits im Core enthalten, die man bei WordPress oft erst durch Plugins nachrüsten muss: Zugriffskontrolle auf Inhaltsebene, mehrsprachige Seiten, erweiterte Benutzerrechte oder eine saubere Trennung zwischen Design (Template), Funktion (Modul) und Inhalt (Artikel). Das reduziert nicht nur die Abhängigkeit von Drittanbietern, sondern minimiert auch Sicherheitsrisiken und reduziert den Wartungsaufwand. Joomla fühlt sich für mich deshalb weniger wie ein Baukasten an, sondern wie ein solides Redaktionssystem, das mir die Kontrolle über meine Inhalte lässt – ohne Zusatzballast. Und bei den Erweiterungen nutze ich heute ein kleines Portfolio an tollen Extensions, die mir alles ermögliche, was nötig ist.
Mehrsprachigkeit? Nativ und stabil
Wir in der Schweiz kennen es wohl mehr als Nutzer in anderen Ländern, aber Mehrsprachigkeit ist ein grosses Thema. Wer mehrsprachige Websites mit WordPress umsetzt, kennt die typischen Workarounds: Plugins wie WPML oder Polylang übernehmen die Aufgabe, sind aber oft fehleranfällig oder verursachen Konflikte bei Updates. In Joomla ist Mehrsprachigkeit von Haus aus integriert (siehe hierzu mein Tutorial "Mehrsprachige Websites in Joomla – Übersicht und Umsetzung"). Sprachen, Sprachzuweisungen, Menüs und Inhalte lassen sich konsistent und nachvollziehbar verwalten. Und vor allem ist die Mehrsprachigkeit sehr schnell eingerichtet und beliebig erweiterbar.
Benutzer- und Rechteverwaltung
In meiner Arbeit mit Redaktionen, Verbänden oder Vereinen ist die Rollenverteilung oft komplex: Einige dürfen nur Inhalte bearbeiten, andere nur veröffentlichen, wieder andere verwalten zusätzlich Medien oder Menüs.
Auch hier ist für mich Joomla klar im Vorteil. Joomla bietet ein feingranulares Rechtesystem, mit dem ich genau festlegen kann, wer was darf – bis hinunter zur einzelnen Kategorie oder zum Menüpunkt. Und dies sowohl im Frontend wie im Backend, erweitert auf die Erweiterungen und sogar bis hin zu Bearbeitungs möglichkeiten.
In WordPress lässt sich das auch lösen, erfordert aber zusätzliche Plugins oder manuelle Anpassungen. Ich schätze es, wenn ich solche Dinge direkt im System umsetzen kann.
Flexibilität bei der Inhaltsdarstellung
Joomla trennt aus meiner Sicht klarer zwischen Inhalten und deren Darstellung. Der Grundgedanek eines Content Management Systems scheint mir darum stringenter umgesetzt. Mit Modulen, Komponenten und Templatepositionenpositionen kann ich als Redaktor Inhalte sehr viel flexibler präsentieren – ohne ständig am Content etwas anpassen zu müssen. Das bedeutet: Ich kann auf veränderte Anforderungen reagieren, und muss dabei bestehende Inhalte nicht formatieren oder strukturieren.
Diese Trennung zwischen Inhalt und Form ist für mich als Webredaktor nicht nur ein Konzept, sondern tägliche Praxis und vor allem im Umgang mit meinen Kunden von grosser Bedeutung: Die Kunden können sich sehr viel mehr auf die reinen Inhalte konzentrieren.
Geschwindigkeit: Joomla ist nicht automatisch schneller – aber klarer steuerbar
Bei der Performance hängt vieles vom Hosting, der Konfiguration und den eingesetzten Erweiterungen ab. Dennoch ist Joomla von Haus aus eines der schnellsten Content Management Systeme (siehe hierzu auch mein Beitrag: Warum auch du mit Joomla arbeiten solltest!).
Was ich an Joomla aber besonders schätze: Ich kann die Geschwindigkeit meiner Website sehr gezielt optimieren und zwar innerhalb als auch ausserhalb des Systems: Joomla bietet von Haus aus Funktionen wie Cache-Management, GZIP-Komprimierung oder Seitenkomprimierung – ohne zusätzliche Plugins. In Kombination mit Optimierungen auf dem Server sind dadurch rasend schnelle Websites möglich.
Durch die geringere Plugin-Abhängigkeit entsteht seltener unnötiger Ballast, der das System verlangsamt. Während WordPress bei einfacher Nutzung flott unterwegs ist, kann es bei umfangreichen Installationen schwerfällig werden – oft gerade wegen zahlreicher Plugins. Joomla gibt mir hier mehr Transparenz und Kontrolle - und damit mehr Geschwindigkeit.
Sicherheit: Klare Struktur bedeutet weniger Angriffsfläche
Bei der Sicherheit zeigt sich ein ähnliches Bild: Beide Systeme können sicher betrieben werden – wenn sie professionell gewartet und regelmässig aktualisiert werden. Trotzdem WordPress ist durch seine enorme Verbreitung wesentlich häufiger Ziel von Angriffen. Und auch hier steht wieder die Sache mit den zahlreichen Erweiterungen im Raum. Bei Joomla verwende ich auch für komplexe Seiten selten mehr als fünf bis sechs zusätzliche Extensions. Bei Wordpress sind es rasch mal deutlich mehr.
Angreifer zielen in der Regel auf veraltete oder unsichere Plugins ab. Durch die hohe Anzahl dieser Plungs steigt der Bedarf an Updates und damit automatisch das Risiko von Lücken.
Joomla hingegen benötigt für viele Funktionen keine Erweiterungen - die Updates auf dem Joomla-Kern sorgen auch für Sicherheit der eingebauten Plugins. Dies reduziert die Angriffsfläche automatisch. Dazu kommt: Die Rechteverwaltung in Joomla erlaubt es, kritische Aufgaben klar zuzuweisen – eine oft unterschätzte Komponente sicherer Webprojekte.
Fazit: Joomla ist nicht das coolere CMS – aber für mich das verlässlichere
Um es nochmal klar zu sagen: WordPress ist ein starkes CMS. Es hat seine Stärken in der schnellen Umsetzung, in der riesigen Community und im schier endlosen Angebot an Erweiterungen. Aber gerade deshalb tendiert es auch dazu, Projekte zu überfrachten.
Joomla ist nicht hipper, nicht einfacher, nicht populärer – aber für mich als Webredaktor oft logischer, strukturierter und verlässlicher - und sicherer.
Ich arbeite gerne mit einem System, das mir nicht alles abnimmt, aber alles ermöglicht. Joomla tut genau das. Und deshalb ist Joomla auch nach 20 Jahren aus Überzeugung das CMS meiner Wahl.
